Open Source
Vom:
25.4.2019

10 Argumente, die für den Einsatz von Open Source in der öffentlichen Verwaltung sprechen

Autor:in
Charlotte Schneider
Open-Source-Systeme sind innovativer, sicherer und flexibler. Trotzdem bestehen immer noch Ressentiments, wenn es um den Einsatz offener Softwarecodes geht. Wir rechnen mit alten Vorurteilen ab und erklären, warum sich freie Software insbesondere in der öffentlichen Verwaltung lohnt.

1. Hohe Qualitätsstandards

Auf dem Weg zu einer gesunden E-Government-Landschaft braucht es Software, die öffentlich einsehbar und damit ständigen Verbesserungsprozessen unterworfen ist. Das beschleunigt Innovationszyklen und führt zu einer konstanten Optimierung.

Open Source birgt vor allem ein großes Potenzial: Jeder kann Weiterentwicklungen einsehen. Entwickler:innen sind schon allein dadurch dazu geneigt, sauberen Code abzuliefern. Im Vergleich zu proprietären System unterliegen sie dabei keinen Zwängen eines Unternehmens oder des Marktes. Sie müssen sich an kein striktes Release Date halten und können sich auf die technische Optimierung eines Systems konzentrieren. Mit jedem neuen Einsatzszenario unterzieht sich die Software außerdem automatisch einer Review. Fehler fallen so schneller auf und tragen zur Verbesserung bei.

2. Sicherheit

Im ersten Moment scheinen offene Quellcodes hohen Sicherheitsstandards zu widersprechen. Die Zusammenarbeit vieler zahlt sich jedoch aus, um Sicherheitslücken vorzubeugen oder rasch zu schließen. Denn ebenso schnell wie Hacker Schwachstellen finden, kann eine große Entwicklergemeinschaft auch Probleme beheben.

Bei großen Systemen wie z. B. Drupal existieren überdies ganze Security Audits unabhängiger Auditoren sowie hochqualifizierter Expert:innen. Im Vergleich zum proprietären Pendant sind die Rahmenbedingungen für eine zuverlässige Software-Security dadurch weitaus besser.

3. Öffentliche Förderung

Auch bis in oberste Regierungsebenen ist vorgedrungen, dass Open Source zukunftsweisend ist. In der EU werden bereits mehrere Projekte gefördert, um offenen Quellcode weiterzuentwickeln und zu optimieren.

Darunter das Programm ISA2, das mit dem Sharing and Reuse Contest hervorragende IT-Projekte aus dem öffentlichen Sektor auszeichnet, bei denen Quellcode geteilt bzw. wiederverwendet wurde. Auch beim EU-Fossa 2 (EU Free and Open-Source-Software-Auditing-Community) handelt es sich um ein Projekt zur Förderung frei zugänglicher Software.

Das von der EU-Kommission ins Leben gerufene Programm hat sich die Verbesserung der Softwaresicherheit auf die Fahnen geschrieben. Die Bemühen auf EU-Ebene gehen auch nicht an dem offenen Content Management-Framework Drupal vorbei: Gemeinsam mit dem Drupal Security Team vergibt die EU-Kommission seit 2019 Prämien für behobene sicherheitsrelevante Fehler.

4. Schnellere Innovationszyklen

Die Freiheit für Weiterentwicklungen wirkt sich nicht nur positiv auf die Qualität aus – ohne Marktzwänge und Restriktionen eines Unternehmens lassen sich auch schneller und unkomplizierter Erneuerungen realisieren. Diese Unabhängigkeit ist ein wahrer Antrieb für neue kreative Ideen, die genau da ansetzen, wo aktuell passende Lösungen fehlen.

Für die öffentliche Hand stellt das eine riesige Chance dar: Trends und technologische Veränderungen sollten nicht an den digitalen Diensten der Verwaltung vorbeilaufen. Mithilfe von Open Source können Behörden stattdessen unmittelbar auf die Bedürfnisse der Bürger:innen eingehen. Sie müssen auch nicht auf Updates und neue Versionen eines proprietären Systems warten. Sie können auf jeden Dienstleister zurückgreifen, der für sie neue Funktionen und Features realisieren kann. Das bricht Monopolstellungen auf und fördert Innovation!

5. Wiederverwendbarkeit

Ein Produkt auf Basis von Open Source kann einmal entwickelt und immer wieder verwendet werden. Die vielen Einsatzszenarios fordern weitere Funktionen, die zurück in den Kern der Software fließen.
Für den öffentlichen Sektor lohnt sich das schon allein in wirtschaftlicher Hinsicht: Sie können dadurch auf bereits bestehende Systeme zurückgreifen. Neue Entwicklungen werden in das System zurückgespielt, wovon wieder andere profitieren.

Ein Beispiel dafür ist das Open-Source-System deGov: Das Content Management System wird mit jedem neuen Einsatzszenario reicher an Funktionen, wovon andere wiederum profitieren. Open Source wächst somit an seinen Herausforderungen.

6. Offene Schnittstellen

Standards und Dateiformate bei Open-Source-Systemen sind frei einsehbar. Sie sind dadurch kompatibler und können mit „fremden“ Systemen kombiniert werden. Sie verfügen darüber hinaus über nativ offene Schnittstellen, die einen Datenaustausch mit geringerem technischen Aufwand möglich machen. Und Bedarf an Datenintegration und -austausch gibt es in der öffentlichen Verwaltung mehr als genug.

So könnten Umwelt- oder Verkehrsdaten aus verschiedenen Quellen zusammenfließen und für das digitale Bürgerangebot eingesetzt werden. Aber auch Behörden können Daten mittels offener Schnittstellen austauschen und ihre Zusammenarbeit verbessern. Die Potenziale erstrecken sich hier von der digitalen Bearbeitung von Fachverfahren bis hin zur Kriminalitätsbekämpfung, wenn z. B. Daten verschiedener polizeilicher Behörden zusammenfließen.

7. Anpassbarkeit

Die digitale Welt ändert sich unaufhaltsam und in einem unglaublichen Tempo. Jeden Tag wächst der Markt an Software-Angeboten. Der Umgang mit Programmen, die Internetnutzung sowie die Kommunikation ändern sich ständig.

Den Anforderungen der User sollten auch digitale Services der öffentlichen Verwaltung nachkommen. Starre Lösungen eines einzelnen Herstellers können da schlicht nicht mithalten. Wenn der Code allerdings offen und veränderbar ist, kann jede Behörde zeitnah auf Veränderungen eingehen.

8. Skalierbarkeit

Ob Bundesministerium oder Kommune – Open Source bietet sich für Behörden jeder Größe an. Eine Kommune oder Ressort kann mit einem Open-Source-CMS ihren Internetauftritt kostengünstig umsetzen. Eine große Behörde profitiert zusätzlich davon, dass sich komplexe Workloads einfacher verwalten lassen. Drupal ermöglicht z. B. sowohl den Betrieb mehrerer Instanzen auf einem Server (Multisite) als auch eine Lastverteilung über mehrere Server hinweg.

9. Unabhängigkeit

Schon in den oben genannten Punkten wurde deutlich, dass es viele Vorteile haben kann, unabhängig von einzelnen Herstellern zu agieren. In der Softwarebranche genießen viele Anbieter Monopolstellungen. Das fördert Preistreiberei und ist ein Hemmnis für Innovationen.
Sind Kund:innen erst einmal an ein Unternehmen gebunden, lassen sich häufig nur mit viel Kostenaufwand spezialisierte Funktionen hinzufügen. Darüber hinaus können Monopolanbieter die Einsatzzwecke ihrer Produkte beliebig einschränken.

Bei freier Software kann hingegen problemlos zu einem anderen Unternehmen gewechselt werden – ob aus Kosten-, Qualitäts-, oder sonstigen Gründen. Behörden können dadurch selbst und unabhängig darüber bestimmen, wer ihre Systeme programmiert, pflegt und weiterentwickelt.

10. Big Picture – Open Source fördert Demokratie

Hinter „freier Software“ steckt eine Bewegung, die Programmcode als Teil des kollektiven Wissens betrachtet. Jede Codezeile, die IT-Expert:innen (der freien Wirtschaft) für eine Behörde schreiben, wird von Steuergeldern bezahlt. Öffentlich finanzierter Code sollte folglich auch einsehbar sein und jedem zur Verfügung stehen. Das ist nicht nur gerecht, sondern fördert auch das gesellschaftliche Engagement und den Fortschritt. Open-Source-Software ist dadurch eine faire und transparente Lösung für eine freie Zivilgesellschaft.

Fazit

Die Vorteile gegenüber „unfreier“ Software haben sich bereits vielerorts bewährt. Zahlreiche Initiativen setzen sich schon lange dafür ein, die Stellung von Open Source weiter zu stärken. Zu einer der bedeutendsten gehört die Kampagne „Public Money – Public Code“, deren Grundhaltung auch wir vertreten. In einem offenen Brief (wir berichteten bereits hier darüber) plädiert die Organisation dafür, dass die staatliche digitale Infrastruktur der Kontrolle öffentlicher Stellen unterliegen sollte. Ebenso fällt auch hier das Argument, dass steuerfinanzierter Code als Allgemeingut behandelt und damit auch öffentlich zugänglich sein sollte.

Einen Überblick bietet auch ein kürzlich veröffentlichtes Papier der FSFE (Free Software Foundation Europe). Bei weiteren Fragen und Anregungen zum Thema freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme.

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