E-Government
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21.2.2024

OZG 2.0: Neuer Schub für die digitale Verwaltung?

Autor:in
Dr. Christian Knebel
Am 21. Februar berät der Innenausschuss des Bundestags über eine neue Fassung des wichtigen „Onlinezugangsgesetz 2.0“ – wir werfen einen Blick darauf, welche Neuerungen vorgeschlagen werden und wie sie die digitale Verwaltung für Bürger:innen und Unternehmen schneller Realität werden lassen.

Das Onlinezugangsgesetz (OZG) ist eines der zentralen Regelwerke für das deutsche E-Government. Nach dem Auslaufen der Umsetzungsfrist für das ursprüngliche OZG wird sein Nachfolger, das „OZG 2.0“, sehnlich erwartet. Denn es gilt wichtige Weichen für die Zukunft der digitalen Verwaltung zu stellen, durch die der Kontakt von Bürger:innen, aber vor allem auch von Unternehmen mit der Verwaltung digitaler, schneller und einfacher wird. Gerade hier liegt ein wichtiger Hebel, um den Standort Deutschland zukunftsfähig und attraktiv zu machen.
Nach einem vieldiskutierten ersten Entwurf und intensiven Beratungen im Bundestag und seinen Ausschüssen sowie im Bundesrat im vergangenen Jahr, steht nun das OZG 2.0 erneut auf der Agenda des für Verwaltungsfragen zuständigen Innenausschusses im Bundestag. Verabschiedet werden soll eine überarbeitete Fassung, die nochmals wichtige Aspekte nachschärft und Kompromisse mit den Interessen der Länder berücksichtigt. Wir geben einen Überblick über die bisher bekannten Eckpunkte – mit besonderem Fokus auf die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen für die Wirtschaft.

Verbindliche Zielmarken für digitale Verwaltungsleistungen

Die wichtigste Neuerung: Digitale Verwaltungsleistungen sollen ab 2028 einklagbar werden. Nach viel Kritik an fehlenden Umsetzungsfristen im ursprünglichen Entwurf des OZG 2.0 wird es nun einen Rechtsanspruch für Bürger:innen und Unternehmen geben, Behördenanliegen digital abzuwickeln. Das gilt jedoch mit Einschränkungen: Der Bund kann diesen Anspruch nur für Bundesleistungen festlegen und es wird ihn nur geben, wenn eine digitale Umsetzung „technisch und rechtlich möglich“ ist. Ebenso wird es keinen Anspruch auf Schadensersatz geben, wenn der Anspruch nicht erfüllt wird. Insgesamt ist der Anspruch jedoch ein wichtiges Signal – er bringt mehr Verbindlichkeit in die Zielsetzung und erzeugt Druck, die digitale Transformation der Verwaltung nun prioritär anzugehen.

In Verbindung damit ist auch die Zeitvorgabe für Verwaltungsleistungen für Unternehmen zu sehen: Wie bereits im ersten Entwurf des OZG 2.0 festgehalten, sollen diese binnen 5 Jahren „digital-only“ zur Verfügung stehen. Auch hier gilt die Frist nur für Leistungen des Bundes – das sind aber immerhin bis zu 1.170 Einzelleistungen aus dem umfangreichen Leistungskatalog der digitalen Verwaltung.
Mit der Fristsetzung und der einhergehenden Priorisierung zeigt die Regierung, dass sie verstanden hat, wie wichtig digitalisierte Prozesse für Unternehmen sind. Denn immerhin sind Unternehmen die „Power-User“ der Verwaltung, die im Schnitt mehr als 200-mal pro Jahr in Kontakt mit den Behörden treten. Schnelle und effiziente Abwicklung von Behördenkontakten wird hier schnell zum wirtschaftlichen Faktor und bestimmt Entscheidungen für oder gegen den Standort Deutschland mit.

Eine rein digitale Umsetzung von Unternehmensleistungen auf Bundesebene kann auch Impulse für die Landes- und Kommunalebenen setzen. Dass auch hier eine digitale Bereitstellung von Unternehmensleistungen möglich ist und enorme Vorteile bringt, zeigt das Beispiel des Wirtschafts-Service-Portal.NRW. Über das Portal, das publicplan im Auftrag der d-NRW AöR und des Landes NRW mit entwickelt hat, bieten bereits seit 2020 über 400 Kommunen in NRW ihre Leistungen für Unternehmen komplett digital an.

Eine weitere wichtige Zielsetzung ist, nicht allein die Bereitstellung von Verwaltungsleistungen verstärkt zu digitalisieren, sondern auch die dahinterliegenden Prozesse in den Behörden durchgängig digital aufzustellen – denn wenn ein Onlineantrag am Ende als Ausdruck weitergefaxt und abgeheftet wird, ist niemandem geholfen. Der Bund setzt sich mit dem neuen Entwurf zum Ziel, eigene Leistungen binnen 5 Jahren Ende-zu-Ende zu digitalisieren. Außerdem wird er die Möglichkeit bekommen, solche durchgängig digitalisierten Prozesse auch für Leistungen vorzugeben, die Länder oder Kommunen im Auftrag des Bundes abwickeln.

Rechtliche und technische Weichenstellungen für die Zukunft der Verwaltung

Darüber hinaus bringt der neue Vorschlag für das OZG 2.0 eine ganze Reihe an Regelungen, die das Voranschreiten einer ganzheitlich digitalisierten Verwaltung in Verbindung mit anderen wichtigen Vorhaben wie der Registermodernisierung ermöglichen: Binnen zwei Jahren soll das Bundesinnenministerium gemeinsam mit dem IT-Planungsrat verbindliche Vorgaben für Standards und Schnittstellen, Architekturgrundlagen und Qualitätsanforderungen festlegen – Heterogenität und Inkompatibilitäten sind bisher einer der größten Hemmschuhe in der digitalen Zusammenarbeit und Verknüpfung der zahlreichen Stellen auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene.

Bei der Beschaffung neuer Softwarelösungen soll künftig – wie bereits im Koalitionsvertrag angekündigt – Open-Source-Software Vorrang vor proprietärer Software erhalten, wo immer es möglich ist. Das ist eine wichtige Voraussetzung sowohl für Sicherheit und Transparenz wie auch für Interoperabilität und eine effektive Nachnutzung bereits entwickelter Komponenten.

Auch für das Ziel, dass Daten von Bürger:innen und Unternehmen bei der Antragsstellung automatisch aus Registern abgerufen werden und so nur noch einmal bei Behörden hinterlegt werden müssen („Once-Only-Prinzip“), werden wichtige Voraussetzungen geschaffen: Dieses Prinzip soll nun auch für Sozialleistungen umgesetzt werden können. Außerdem wird konkretisiert, in welchen Schritten das „Datenschutzcockpit“ umgesetzt werden soll, über das Antragstellende die Möglichkeit haben, nachzuvollziehen, welche Behörden Daten über sie austauschen und speichern. Somit werden wichtige Grundlagen für Transparenz und Vertrauen in neue digitale Leistungen geschaffen.

Auch die Nutzendenfreundlichkeit digitaler Verwaltungsdienste soll gesteigert werden: So soll für die BundID in Zukunft nur noch zur initialen Einrichtung der elektronische Personalausweis nötig sein, spätere Logins lassen sich dann beispielsweise mit Gesichtserkennung auf dem Smartphone entsperren. Außerdem sollen mehr moderne Zahlungsmöglichkeiten für anfallende Gebühren implementiert werden, wie Paypal, Kreditkarten oder Apple- bzw. Google-Pay.

Fazit: Schritte in die richtige Richtung – jetzt braucht es weiter Schwung und Commitment für die Umsetzung

Das OZG 2.0 kann die digitale Transformation der öffentlichen Verwaltungen in Deutschland entscheidend vorantreiben. Nachdem der erste Entwurf zunächst einige Fragen aufgeworfen hat, schärft der neue Vorschlag an einigen wichtigen Stellen nach. Besonders die Einführung eines Rechtsanspruchs auf digitale Verwaltung und die Setzung konkreter Fristen unter anderem für Unternehmensleistungen und wichtige Vorgaben zu Standards und Schnittstellen schaffen Verbindlichkeit, an der es zunächst fehlte.

An einigen Stellen hätte das Gesetz noch weiter gehen können – doch Kompromisse sind auch der hochkomplexen Materie geschuldet, bei der Bund, Länder und Kommunen eng zusammenarbeiten und ihre Interessen in Einklang bringen müssen. Zwei kritische Punkte müssen nun in der praktischen Umsetzung der digitalen Transformation weiterhin pragmatisch und lösungsorientiert angegangen werden:
Auch wenn es Rechtsansprüche und Fristen gibt, sind diese nicht mit (monetären) Konsequenzen bei Nichterfüllung hinterlegt. Es steht zu hoffen, dass die Erfahrungen des OZG 1.0, dessen Ziele verfehlt wurden, hier zu einer konsequenten Umsetzung motivieren. Denn auch wenn es auch dort keine direkten Sanktionen gab – die Frist konnte öffentliche Aufmerksamkeit und Druck aufbauen, die der Digitalisierung weiteren Schub gegeben hat.
Eine andere Bremse könnte jedoch die Finanzierungssituation sein: Nachdem das Budget für die digitale Verwaltung im Bundeshaushalt bereits gekürzt wurde, lässt die angespannte Haushaltslage weitere Herausforderungen befürchten.

Hier braucht es ein klares Commitment der Politik, die digitale Verwaltung zu priorisieren. Denn Investitionen in eine effiziente, zugängliche und Bürger:innen- und unternehmensnahe Verwaltung sparen nicht nur Ressourcen und Geld ein, sondern sind wichtig für das Vertrauen in den Staat und die Verwaltung und nicht zuletzt ein wichtiger Faktor für den Wirtschaftsstandort Deutschland.

In der Umsetzung braucht es Austausch, Pragmatismus, kreative Lösungen und Macher-Mindset in den zuständigen Behörden und bei ihren Digitalisierungspartnern. Denn die digitale Transformation der Verwaltung ist zu wichtig, um sie auf die lange Bank zu schieben und Bedenken zu wälzen. Deshalb freuen wir uns als Partner zahlreicher Behörden, dass mit dem neuen Vorschlag zum OZG 2.0 wieder frischer Wind in die Debatte gekommen ist – auch wenn vielleicht noch nicht alles perfekt ausdefiniert ist. Wichtige Weichen werden gestellt und die Voraussetzungen gestärkt, damit alle Akteure gemeinsam an einem Strang ziehen.

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